MALSTROM | Birgit Luxenburger | Frankfurt

Malerei & Pigmentprints | 29. April bis 22. Mai 2022

[Die Fotos (links) geben einen Einblick in die Werke von Birgit Luxenburger. Um die Bilder größer anzuschauen, bitte draufklicken.]

Über die Ausstellung
Farbe ist DAS Medium ihres künstlerischen Handelns, sagt Birgit Luxenburger, wenn sie über das Malen ihrer abstrakten Bilder spricht. Ihre Bildideen sind stark mit diesem materialen Prozess verbunden. Der Prozess wird Thema.

Als Schöpferin und Betrachterin zugleich folgt Birgit Luxenburger beim Malen einem raumgebenden Farbfluss. Dabei interessieren sie die Eigenschaften des jeweiligen Farbpigments, gebunden in Acryl: seine Konsistenz und Oberfläche, seine manchmal klare Transparenz oder feste Deckkraft. Und so schichtet sie Farbtöne. In unterschiedlicher Bewegung und Geschwindigkeit. Mit unterschiedlicher Ausdehnung und Ausrichtung.

Ob in kleinen Formaten oder auf großen körperhaften Bildträgern: Die sich überlappenden Farbfelder in Birgit Luxenburgers Bildern scheinen Perspektiven zu schaffen, die an urbane oder landschaftliche Strukturen erinnern. Man glaubt, in sie eindringen zu können. So könnten die Bilder auch Ausschnitte eines Feldes größerer Ausdehnung und Tiefe sein – Momentaufnahmen eingefrorener Bewegung des MALstroms.

Momentaufnahmen sind auch Birgit Luxenburgers neueste fotografische Arbeiten, die sie WASSERZEICHNUNGEN nennt. Es sind Bilder, die bei Streifzügen in der Natur in ihren Blick geraten und Erinnerungen an Malerei hervorrufen. Es sind diese „Nachbilder“, die ihr Interesse finden. Erinnerung und Realität fließen hier ineinander und lassen Birgit Luxenburger visuelle Verwandtschaften und malerische Parallelen entdecken. In ihrem Atelier finden diese (Nach-)Bilder ihre künstlerische Vollendung. Als Pigmentprints auf Fine Art Papier sind sie in der Essenheimer Ausstellung ebenfalls zu sehen.


Über Birgit Luxenburger
Birgit Luxenburger, 1951 im Saarland geboren, lebt in Wiesbaden und arbeitet seit 2020 in ihrem neuen Atelier in Frankfurt. 

Nach dem abgeschlossenen Grafik-Design-Studium in Saarbrücken (1973–1978) studierte die vielfach ausgezeichnete Künstlerin an der Städelschule in Frankfurt 1980-1985), wo sie Meisterschülerin war. 2009–2019 arbeitete sie im Förderatelier der Stadt Mainz (Waggonfabrik).

Ihr jahrzehntelanges künstlerisches Schaffen dokumentieren die zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland. Ihre Gedanken zur Malerei bringt sie bei verschiedenen Lehrtätigkeiten ein, z. B. als Dozentin an der Freien Kunstakademie Mannheim.

Mehr zu Birgit Luxenburger

 

Eva Appel im Gespräch mit Birgit Luxenburger bei der Austellungseröffnung am 29. April 2022 

Eva Appel: Birgit Luxenburger arbeitet abstrakt. Das vielschichtige Spiel mit Farbe, Fläche und Struktur bringt sie auf unterschiedlichen Formaten und Material zum Ausdruck. In ihrer differenzierten Malweise inszeniert sie Tiefe und Illusion von Raum, manchmal glaubt man als Betrachter, Architektur zu erkennen, oder Häuserfluchten oder taucht ein in seltsame dreidimensionale Räume. Frage: Birgit, welchen Einfluss haben deine beiden Ausbildungen? Die Grafik und das Kunststudium? Wer beeinflusst wen und wie?

Birgit Luxenburger: Ein langer Blick zurück: Das Grafik-Design war meine erste ernsthafte Auseinandersetzung mit Gestaltung. Ich habe sehen gelernt. Wahrscheinlich hat mir dieses Studium eine wichtige Basis in all meinem gestalterischen Handeln gegeben. Aber es hat mich nicht befriedigt. Ich dachte die ganze Zeit, da ist noch mehr möglich. Was mich dann motiviert hat, ein weiteres Kunststudium anzustreben. Allerdings habe ich im ersten Studium schon angefangen zu fotografieren. Die Fotografie ist mir bis heute wichtig geblieben und hat meinen Blick entscheidend verändert. 

Eva Appel: Farbe ist das wichtigste Element in deinen Arbeiten, sagst du. Es gibt überlappende Farbfelder, die manchmal transparent wirken, manchmal schimmert etwas darunter hervor. Sie sind geschichtet, manchmal wirken die Oberflächen glatt, manchmal grobkörnig. Dadurch entsteht Dynamik, Bewegung und Perspektive in den Augen des Betrachters.
Beim Besuch in deinem Atelier konnten wir einen großen Wagen mit Gläsern voll mit Farbpigmenten entdecken - ein üppiges Spektrum. Welche Rolle spielen Farben in deinen Arbeiten?

Birgit Luxenburger: Farbe ist für mich DAS Medium meines künstlerischen Handelns, ob ich sie nun in kleinen Formaten auffange oder auf meinen großen körperhaften Bildträgern. Meine Bildideen sind stark mit dem materialen Prozess verbunden, der Malprozess wird Thema.
Ich arbeite mit den unterschiedlichsten Pigmenten. Und es gibt unendlich viele Farbtöne, soviel mehr als bei fertigen Industriefarben. Jedes verhält sich anders, widerläuft im Mischen und Auftragen manchmal meinen Absichten, will erforscht sein und studiert. Und entfaltet schließlich und endlich dann seine ihm innewohnende Kraft. Farbstark würde ich sagen.

Eva Appel: Die Ausstellung heute trägt den Titel MALstrom. Deine Arbeiten hier und auch sonstige Arbeiten tragen keinen Titel. Bei der Suche nach einem Titel für eine Ausstellung hingegen lässt du dir viel Raum und überlegst genau. Der Klang und das Design spielen auch eine wichtige Rolle.Warum MALstrom? Und warum tragen Deine Bilder keinen Titel?

Birgit Luxenburger: Auf Titel verzichte ich, da ich die jeweilige Deutung des Betrachters nicht einengen möchte. Titel sind sozusagen Betrachtungswinkel. Und ich möchte die 360°-Version anbieten, also jeder mache sich sein Bild selbst.
Meine Bilder will auch ich nicht deuten. Für mich sind sie abstrakt, geformt, gebaut, gebildet in vielfältiger Absicht, in einem vielschichtigen Malprozess. Es geht mir um die Formulierung von Raum, Farbraum, vermeintliche Perspektive, scheinbar Ausschnitte aus einem größeren Ganzen.
MALstrom: Der Titel ist erstmal für mich poetisch und mehrdeutig.
Da ich fast ein ganzes Jahr nicht malen konnte - das Förderatelier in Mainz musste ich nach maximaler Förderzeit von 10 Jahren verlassen und ein neuer bezahlbarer Raum war noch nicht gefunden – so legte ich mit einem neuen Schub mit der Malerei los. Ja ich bin seit 2 Jahren in Frankfurt immer noch in einem Malstrom.
Des weiteren könnte ich sagen, dass ich die die Farbe oft strömend verwende. Ich erzähle etwas vom Fluss der Farbe, von ihrer Tonigkeit. Von Deckkraft und Lasur. Lasse sie klingen.
Und ein Drittes: Die Bezüge von Malerei und Fotografie könnte man auch finden, indem man auf Wasser blickt. Wasser steht und strömt, die Weiden - ja es sind Weiden - scheinen ins Wasser zu strömen. Es gibt sicher noch mehr strömende Deutungen, wenn man denn weiter deuten will.

Eva Appel: Auf der vierten Ebene möchte ich Sie auf die fotografischen Arbeiten von Birgit Luxenburger aufmerksam machen. Der Titel: Wasserzeichnungen. Bei Streifzügen durch die aufkeimende Natur hast du diese Motive entdeckt, sie fotografiert und NICHT nachbearbeitet. Die Bilder werden in einem aufwändigen Verfahren gedruckt, Pigment-Prints auf Fine Art Papier, oder auch in großen Formaten Pigmentprints/Acryl und sind nur in limitierter Auflage zu bekommen.
Diese Expeditionen nach draußen haben dein fotografisches Auge gelockt. Es scheinen sich Elemente der Natur im Wasser zu spiegeln. Die Motivation für diese neuen fotografischen Arbeiten war ein Auftrag einer Kundin, die eine besonderes Geschenk für den runden Geburtstag ihres Mannes suchte.  Birgit, was hat dich geleitet und welche Überraschung bot sich dir in der Natur?

Birgit Luxenburger: Bei meinen häufigen Ausflügen in die Natur stelle ich fest, dass die Malerei mein Sehen verändert hat. Als säße inzwischen ein abstrakter Filter auf meinen Augen.  Nicht nur dass ich oft die Ebenen verwechsle, also vorne und hinten verschiebe, auch sehe ich die Natur oder Ausschnitte häufig in abstrakten Zusammenhängen. Und dieses verblüffende Spiel, die Drehbewegungen im Auge sind reine Lust.