Eröffnung: Freitag, 28. November 2014, 19 Uhr
Grußwort: Dr. Gabriele Rasch
Einführung: Anna-Lena Tsutsui
Der Essenheimer Kunstverein zeigt erstmals Abschlussarbeiten von Berit Jäger, Meisterschülerin von Judith Samen an der Kunsthochschule Mainz. Der Titel DU EVIDENZ lehnt sich an Theodor Geiger, der damit die soziale Bindung zwischen Mensch und Tier bezeichnet, die entsteht, wenn der Mensch erkennt, dass das Tier eigene Gefühle hat. Dieser Grundgedanke bildet die Basis von Jägers Werken, die die „Widersprüche im Mensch-Tier-Verhältnis“ zum Thema haben.
Die 1971, in Rostock geborene, bezeichnet ihr künstlerisches Schaffen allgemein als „Reflexionen in Ebenen“. Durch die Verknüpfung, Überlagerung und Erweiterung erschafft sie aus mehreren Teilgebieten eine komplexe Erlebenswelt aus Sinneseindrücken und Denkanstößen, die sie in Neuen Medien versinnbildlicht. Dabei spielt der Raum, die Erinnerung und Erfahrung eine maßgebliche Rolle. Fast immer sind es Bilder ihrer persönlichen Erfahrung, die das soziale Gedächtnis auffrischen sollen, um den steten Dialog über gesellschaftliche Werte zu unterstützen. So auch in der aktuellen Ausstellung:
Die Foto- und Videokünstlerin verarbeitet ihre persönlichen, aber auch kollektiven Erlebnisse mit dem Besitztum von Tieren. Bedingt durch das Heranwachsen Berit Jägers eigener Kinder und deren Wunsch Haustiere zu besitzen, nahm die Auseinandersetzung mit der Beziehung von Mensch zu Tier immer mehr Raum in ihrer Kunst ein.
Sie interessieren die Paradoxien dieses ungleichen Verhältnisses und der Umgang mit Haus-, Nutz- und Wildtieren im künstlerischen Kontext.
In ihren Fotografien, Videos und Videoinstallationen führt sie die Grenzen dieses widersprüchlichen Verhältnisses vor. Dabei verweist sie auf Traditionen, die mit dem Konsum der heutigen Zeit immer mehr in Vergessenheit geraten, wenn Tiere als Ersatz für Kind oder Partner angesehen werden, das tote Tier im Supermarkt jedoch als selbstverständlich wahrgenommen oder die Kadaver auf der Straße übersehen werden.
Ebenso dominant wie das Leben präsentiert Jäger in ihren Arbeiten auch den Tod und den damit zusammenhängenden Kampf ums Überleben – immer in Gegenüberstellung zum Lebendigen. Um diese Diskrepanz zu unterstreichen, entfremdet sie den Tod des Tieres, wenn sie zum Beispiel die Szenerie ändert und damit den toten Körper von seiner Anonymität befreit. Durch diese Übertragung erhalten der Tod und das Tier eine Relevanz: Beides wird nicht mehr ignoriert. Die Fotoserie „Tierheim“ und die Videoinstallation „Alle Vögel fliegen hoch“ von 2014 verdeutlichen diese kollektive Gleichgültigkeit und Distanz zum Tod und Tier, während die Arbeit Mantrahuhn, die schon Anfang des Jahres in der TUFA beim Klangkunstfestival präsentiert wurde, als spiritueller Abschluss über allen weltlichen Aspekten steht.